Segelboot LUX

SY Lux ist das Experiment, neue Carbon- und Aramidwerkstoffe in einer werkstoffadäquaten kompromissarmen  Yachtkonstruktion umzusetzen.
Ein Verdränger hat zwei Möglichkeiten, sein bremsendes selbst fabriziertes Wellental zu überwinden: Das Unterwasserschiff wird extrem flach oder schmal  gebaut.

Technische Daten

Rohbau

Konstruktion

SY Lux
Oneoff , keine Formel
LÜA = LCWL: 14,99m
BÜA: 2,04m
BCWL 0 kn: 1,41m
BCWL 10 kn: 1,20m
BCWL 14 kn: 1,00m
LCWL/BCWL: 11 bis 15
Tiefgang: 3,0m/0,6m Hubkiel
Verdrängung: 3,5 m³
Ballast: 1,5 t Blei
Flügelkiel
ACT Birkenmoor

Rigg

Takelung

Taklungshöhe: 17m
Mast drehbar aus Carbon
freitragend
Segelfläche: 60 m²
(mit Vorsegel)
Mastfläche: 6 m²

Bau

 1 Konstruktion

„Warum ist der Mast nackt?“

„Hast du das Boot selbst gebaut?“

Ja, das Boot fällt auf. Es ist hebt sich von der Masse der Segelboote ab.
Ja, der Mast ist splitterfasernackt. Er ist freitragend und versteckt sich nicht hinter Drähten. Und er kippt nicht um.
Und ja, ich habe das Boot federführend konstruiert und viel daran gearbeitet. Aber „selbst gebaut“ im Wortsinn geht nicht. Da haben sich viele Fachkräfte mit Kenntnissen, Ideen und Taten eingegeben. Jedes Boot besteht aus mehreren Tausend funktionalen Teilen, die in etlichen Gewerken abgebildet werden.
Nicht alle Teile finden sich in folgendem Text.
Die Box für die Muskatnüsse in der Pantry bleibt zum Beispiel unerwähnt.

Warum wurde das Boot gebaut? 
Es gibt viele gute Segelboote. Und ich besaß schon die von 1974 bis 1977 selbst konstruierte „Sarai“.
10 m lang, 3 m breit, 16m Takelungshöhe, erprobt in norwegischen Fjorden, Loch Ness, Pentland Firth, Shetlands.   
Ich war zufrieden mit „Sarai“, warum sollte ich 30 Jahre später noch einmal ein Segelboot bauen?
Die Frage höre ich oft. Die Antwort, die ich auch heute noch gebe, stößt nur bei wenigen auf Verständnis. Der Hauptgrund ist eine Frage, die mich seit Jahrzehnten beschäftigte:

„Warum verdrängen leistungsfähige Materialien bei Flugzeugen und Windkraftwerken die Haltedrähte, bei Segelbooten jedoch nicht?“

Mein erstes Segelboot 1967 war eine OK-Jolle mit freistehendem Holzmast. Auch das Finn-Dinghy und später der Laser kamen ohne Wanten und Stagen aus. Ich verstehe, dass die Eigenschaften des Holzes Grenzen in der Dimension setzen:
Historische Windmühlen waren im Durchmesser begrenzt, hölzerne Doppel- und Dreifach-Decker hatten Verspannungen zwischen den Flügeln und die Wikinger verstagten ihre massiven Masten auch. 
Das Segelboot „Sarai“ hat einen 1974 gebauten 14 langen hohlen Mast aus Silver-Spruce. Der braucht zwei Salinge, acht Wanten und sechs Stagen, um auch bei schwerem Wetter zu bestehen. 10 Wantenspanner, die korrekt eingestellt sein müssen, dazu noch zwei bewegliche Backstagen erfordern fortwährend Beachtung, kosten Geld und wiegen in Summe 60 kg.
Die Flügel von Vögeln sind nicht mit Drähten verspannt. Sie haben Federn; die spenden Schönheit und Aerodynamik.
Auch Bäume sind freitragend ohne Drähte und tragen sogar Blätter.
Bei Flugzeugen setzten sich neue Werkstoffe schon früh durch. Schon im zweiten Weltkrieg wurden sie aus Aluminium gebaut. Die Drähte fielen weg. Auch die in den 1980iger Jahren erprobten Windkraftanlagen  hatten freitragende Flügel aus Aluminium und Faserverbundwerkstoffen.
Diese leistungsfähigen Faserverbundwerkstoffe und Aluminiumlegierungen kamen dann auch im Yachtbau zum Einsatz: Glasfaser verstärkter Kunststoff für den Rumpf und Aluminium für den Mast. Die vielen Drähte aber blieben.
Einige Versuche für freitragende Masten gab und gibt es: ausrangierte Straßenlaternen, zylindrische Alu Rohre oder die amerikanische Freedom 44 mit dicken rotationssymmetrischen freitragenden Kohlefasermasten. Ein weiteres Beispiel sind die drei 90m hohen Masten der weltgrößten SY „A“. Ein Konstrukt, das sich über viele traditionelle Normen des Yachtdesigns hinwegsetzt.
Für das Projekt „Lux“ war 2010 die Zeit reif: Perfekte Konstruktions-Programme, erschwingliche Kohlefaser und bewährte Vakuum-Injektionsverfahren ließen einen 20 Meter langen Mast in einem Guss entstehen.
In der ersten Saison erwies sich der Versuch zwar durabel, jedoch reichlich sportlich, so dass der Mast etwas versteift und auf 17 Meter gekürzt wurde. Das Konstrukt hat sich nun über mehr als 10.000 Seemeilen bei unterschiedlichsten Windstärken auf der Ostsee, dem Kattegat und dem Skagerrak bewährt. 
Erste Skizze 
Und warum so schmal?
Länge läuft.
Diese Regel basiert auf der Geschwindigkeitsbegrenzung durch die „Rumpfgeschwindigkeit“.
Das Boot baut in Fahrt eine Bug- und eine Heckwelle auf.
Dazwischen saugt es sich mit zunehmender Geschwindigkeit im Wellental fest.
Das trifft für die schmalen Rümpfe von Katamaranen und Trimaranen nicht zu. Bug und Heck sind so scharf geschnitten, dass Bugwelle, Wellental und Heckwelle sehr klein ausfallen und die Rumpfgeschwindigkeit überschritten werden kann.
Gleiches gilt für „Lux“: 
Die Überschreitung der rechnerischen Rumpfgeschwindigkeit von 9,4 Knoten ist unspektakulär.
„Lux“ ist jedoch nicht gebaut und wird nicht gesegelt, um Geschwindigkeitsrekorde aufzustellen. Der Fokus liegt eher beim nackten Mast.
Gespeicherte Trecks weisen maximal gesegelte Geschwindigkeiten von bis zu 19,5 Knoten nach. Das reicht; noch schneller würde den Segelspaß verkürzen.
Die Marschgeschwindigkeit mit dem elektrischen Hilfsmotor bei moderaten 1 kW oder 1,4 PS liegt bei 2,5 bis 3 Knoten. 
Durch den freitragenden Mast hat „Lux“ eine einfache und Werkstoff sparende Statik:
Der Mast dreht sich in zwei 1,5m auseinander liegenden runden Lagern. Die Gleitlager für das Kielschwert liegen ebenfalls nur 1,5 m auseinander. Diese vier dicht nebeneinander liegenden Lastpunkte sind in einem CfK-Gerüst fest miteinander verbunden. Mit diesem überschaubaren Konstrukt sind die meisten statischen Kräfte versorgt.
Die herausnehmbare Ruderanlage ist in einem Ruderkasten mit dem Deck und dem Rumpf verbunden.
Alles andere hat nur die Aufgabe, das Wasser sicher draußen zu lassen.
So hat der 15m lange Rumpf nackt ohne Beschläge eine Masse von nur 930 kg.
Die Konstruktion eines Segelbootes ist immer ein Kompromiss und soll den jeweiligen Ansprüchen möglichst nahekommen. Die bekannten sehr unterschiedlichen Konstruktionen zeigen die Palette verschiedener Einsätze: vom behäbigen Familienboot bis hin zur hochseetauglichen Regattamaschine.
Neue Werkstoffe mit hohen Elastizitätsmodulen, insbesondere Kevlar- und Kohlefaserverbundwerkstoffe, lassen neben nahezu völlig freier Formenwahl auch extrem niedrige Gewichte zu. 
Für die Hochsee ist „Lux“ nicht gebaut. Für eine Weltumseglung eignen sich breitere Boote mit mehr Wohnraum besser.
Bei guter Wetterlage kann „Lux“ jedoch auch mal sicher über das Skagerrak huschen. Dabei ist, wie meist, besonders auf die Grenze des Wohlbefindens der Crew zu achten. Diese Diskussion gab es schon damals zur Blütezeit der flachbordigen Schärenkreuzer mit freiem Cockpit. Die Boote überstanden anspruchsvollen Seegang auf freiem Wasser, welches sie eigentlich ohne selbstlenzendes Cockpit nicht befahren sollten. Es war die Besatzung, die unter der heute als dürftig zu bezeichnenden Segelkleidung litt.
„Lux“ hat auch schon einige Überraschungen erlebt: Im Kleinen Belt bei vorhergesagten 4-5 Beaufort plötzlich eine Stunde lang gute 8 Beaufort. Da segelt „Lux“ nur mit der 6 m² Mastfläche, mit der sie auch Höhe laufen kann. Mit Hilfe der digitalen Navigation ist das kein Problem.
Etwas anders 2022 im Skagerrak auf dem Weg nach Oslo: Nach 30 Stunden völliger Flaute blies der Wind urplötzlich mit 7 Beaufort aus Norden. Die See türmte sich schnell. Auch hier war der Mast die einzig günstige Beseglung. So schoss „Lux“ mit hoher Geschwindigkeit 80 Seemeilen weit nach Schweden in einen geschützten Fjord bei Kungsbacka. „Lux“ blieb aufrecht und innen trocken. Die Seen, die das Heck überrollten, hoben den Bug und flossen schnell wieder ab. Auch die Navigation mit mehreren Endgeräten sicherte die enge Lee-Einfahrt mit 10 Knoten Fahrt problemlos ab. 
Nur die Besatzung war stundenlang nass bis auf die Haut und möchte das nicht noch einmal erleben. 
Während Konstruktionen von Segelyachten über viele Jahrzehnte nach dem Evolutionsprinzip weiterentwickelt wurden, ermöglicht die EDV seit etwa 30 Jahren zunehmend programmierte Lösungen. Da diese jedoch auf zahlreichen Annahmen basieren, werden sich die Ergebnisse auch weiterhin unterscheiden. So wird der Konstrukteur die Längen, die Breiten, das Volumen, die ungefähre Verdrängung, das bevorzugte Einsatzgebiet und den Kostenrahmen kennen müssen, bevor er Berechnungen nach den Gesetzen der Hydrodynamik vornimmt. Diese von Archimedes, Bernoulli und anderen Physikern entwickelte Wissenschaft ist relativ beständig. Eingeschränkt durch die vorgegebenen Hauptabmessungen kann der Konstrukteur nun den Rumpf als Spantenriss berechnen. Dabei wird er unter anderem berücksichtigen, dass das verdrängte Volumen einer Sinus-Verteilung entlang der Konstruktions-Wasserlinie entspricht. 
Kohle/Kevlar-Laminat im Vakuum auf PVC-Sandwich gezogen

Rumpf

Ursprünglich war der Rumpf schwarz geplant und hatte vorn zwei bewegliche Flügel.

Die Flügel reduzieren die Eintauchtiefe bei einem „Stecker“. Mit und ohne Flügel taucht „Lux“ bei starkem achterlichem Wind und hohem Seegang maximal bis zum Mast ein, was ohnehin nicht bedenklich ist.

Nervig ist jedoch, dass die Flügel als unsicherer Tritt verwendet werden und unentwegt gefragt wird, ob „Lux“ ein Unterwasserfahrzeug sei. Auch behindern die Flügel bei Hafenmanövern. Deshalb sind sie temporär in den Keller verbannt.


Fahrtentauglichkeit

Allen Unkenrufen zum Trotz kann man auf LUX auch wohnen. Es gibt neben vier Kojen einen Gasherd mit Backofen, Serviertenringe & Messerbänke...

Heimathafen Kiel-Schilksee
Yachtclub Godewind DZYC
Kommodorepreis     2019    DK, LAD, S
Schiffschronometer 2020   DK, LAD, N, S
                                2021    DK, LAD, S
Oldiepreis                 2022   DK, LAD, N, S
Seemeilenpreis         2023   DK, LAD, N, S

2 Aufrichtendes Moment


Bei Wind begibt sich „Lux“ umgehend in eine Schräglage. Das liegt daran, dass das Boot mit 1,4 m Wasserlinienbreite praktisch keine Formstabilität hat.

Bei Sturm kann der Mast mit sechs Quadratmetern Projektionsfläche „Lux“ auch im Hafen ohne Segel in bemerkenswerte Schräglage bringen. Dann wird der Mast aus dem Wind gedreht.

Aber „Lux“ kann nicht kentern. Weder im Hafen noch draußen bei viel Wind auf See.

1,4 Tonnen Blei in 3 Meter Wassertiefe sorgen für einen Abtrieb von 13 kN. Der Drehpunkt liegt 0,7 Meter über der Wasserlinie. Das maximale aufrichtende Moment tritt ein, wenn das Boot 90° krängt, der Mast also auf dem Wasser liegt. Dann ist die Angriffsfläche des Windes Null, dieser Fall kann nur bei sehr starkem Seegang eintreten. Und das ist in den vergangenen 12 Jahren noch nicht passiert, würde bei unerfahrenen Mitseglern auch Unbehagen auslösen. Das aufrichtende Moment ist M = 13 kN x 3,7 m, also 48 kNm. Auch bei 180° - der Mast zeigt nach unten – würde Lux sich schnell wieder aufrichten. Dann sollte allerdings das Steckschott gesetzt sein. Wäre auch dann eine nasse Angelegenheit.

Der Kiel ist immer mit einem Klemmkeil und zwei 30 mm starken Bolzen gegen Durchrutschen gesichert.

Bootslänge und Masthöhe erzeugen große Massenträgheitsmomente und der extrem schlanke Rumpf dagegen nur geringe Kontaktvolumina im Seegang. Besonders bei hohen Geschwindigkeiten entstehen im Seegang deshalb nur geringe Schiffsbewegungen.

„Lux“ fährt wie auf Schienen. Seekrankheit ist nicht ausgeschlossen, aber selten.

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